Funktional- &
Kinderoptometrie
Visualtraining
Der visuelle Sinn
80% aller Informationen werden visuell aufgenommen (A. Gesell Ph. Dr. med).
Das visuelle System ist also für die Wahrnehmung der wichtigste Sinn und besteht aus weit mehr als zwei Augen. Sehen ist ein Prozess, der im Gehirn stattfindet, alle anderen Sinne einbezieht und auf der individuellen Entwicklung und Erfahrung eines Menschen basiert. Ist eine Komponente verzögert, kommt es zu einem Ungleichgewicht und zu Störungen in der Wahrnehmung.
Im Vision System Store, Mainz biete ich Visualtraining für Kinder an, die z.B. im schulischen Bereich, im Verhalten oder mit ihrer
Aufmerksamkeit Schwierigkeiten haben. In einem ca. 2-stündigen ersten Termin können wir gemeinsam herausfinden, ob sie visuell begründet sein können. Auch ein „gesundes“, oder ein mit Brillengläsern bestmöglich korrigiertes Auge kann Sehprobleme haben oder Schwierigkeiten, das Gesehene richtig zu verarbeiten.
Visuelle Probleme sind nicht immer offensichtlich, ihre Symptome aber deutlich spürbar!
Wie machen sich visuelle
Probleme bemerkbar?
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Kopfschmerzen
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Brennende oder tränende Augen
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Schiefe Kopf- oder Körperhaltung
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Konzentrationsprobleme
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Lesen fällt schwer, ist anstrengend
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Der Textsinn wird schwer erfasst
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Das Schriftbild ist unsauber
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Buchstaben wie b+p, p+q, n+u werden verwechselt
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Auffälligkeiten in der Grob- oder Feinmotorik
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Ungeschicklichkeit
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Zappeligkeit, Hyperaktivität
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Übelkeit beim Autofahren
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Doppelbilder
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Ein Auge ist schwächer
Für wen ist ein Visualtraining geeignet?
Visualtraining
Ein klassisches Visualtraining ist für Kinder ab 5-7 Jahren geeignet.
Ist die Entwicklung verzögert oder wurden bestimmte Entwicklungserfahrungen übersprungen, kann es sinnvoll sein diese zunächst nachzuholen. Hier kommen verschiedene Möglichkeiten wie Neuromotorik, Reflexintergration oder andere in Betracht und manchmal ist die beste Lösung eine Brille.
Für Babys und Kleinkinder ist es zunächst wichtiger die motorische Entwicklung zu unterstützen, um die Augenmotorik indirekt zu verbessern. Bei einem neuromotorischen Training für Babys und Kleinkinder berücksichtige ich die Aspekte des Sehens.
Was ist eine funktionaloptometrische Messung?
Nach dem Vorbild der BOAF (Behavioral Optometry Academy Foundation) und Dr. A. M. Skeffington werden Abweichungen im visuellen System ermittelt. Die Methode beinhaltet die 21-Punkte-Messung nach OEP (Optometric Extension Program) und verschiedene Funktionen wie die Beurteilung der Sehschärfe, die Qualität der Fixation und des räumlichen Sehens, die Augenfolgebewegungen, Sakkaden (Blicksprünge, besonders wichtig für das Lesen) und die Belastbarkeit. Auch die Basis des visuellen Systems, die allgemeine Entwicklung, die Motorik, wie die Auge-Hand-Koordination und die Gewohnheiten werden betrachtet. Hat ein Kind bestimmte Entwicklungsschritte ausgelassen, wie z.B. das Rollen zu beiden Seiten oder das Krabbeln, kann die Qualität des Sehens allein dadurch beeinträchtigt sein.
Sollte ich vorher einen Augenarzt aufsuchen?
Ja, ein Besuch beim Augenarzt ist zu empfehlen, um zu klären, ob die Augen ihres Kindes gesund sind.
Kann ein Visualtraining helfen, obwohl keine Brille benötigt wird?
Ja. Es ist trotzdem denkbar, dass visuelle Probleme bestehen und ein Visualtraining hilfreich ist, auch wenn keine Brillenstärke ermittelt wurde. In einer funktionaloptometrischen Analyse werden Aspekte des Sehens betrachtet, die über das Messen der Sehstärke, Sehleistung und Augenstellung hinausgehen. Wie leicht fällt das Sehen? Können beide Augen einen Gegenstand mit der Fovea zentralis (Ort des schärfsten Sehens im Auge) gleichzeitig fixieren und ist das Gehirn in der Lage, aus zwei leicht unterschiedlichen Bildern, die es von unseren Augen erhält, ein sinnvolles dreidimensionales Gesamtbild zu erstellen? Ist die propriozeptive Augensteuerung gut ausgebildet, sodass der Sehprozess automatisch spontan und anstrengungsfrei ablaufen kann? Passen die Akkommodation (das Scharfstellen auf eine bestimmt Entfernung) und die Konvergenz (das Ausrichten der Augen auf diesen Gegenstand) zusammen?
Bestehen hier Besonderheiten, kann Visualtraining helfen.
Das Visualtraining
Wie läuft ein Visualtraining ab?
Ein Visualtraining läuft normalerweise über 6 bis 9 Monate. Dabei bekommt das Kind verschiedene Übungen, mit dem Ziel, neuronale Verbindungen aufzubauen, die für entspanntes räumliches Sehen benötigt werden. Das Gehirn lernt die Augen besser zu nutzen und die Augenmuskeln geschickt einzusetzen. Nach einer Pause von 3 bis 6 Monaten, in der das Kind Gelegenheit hat, neu gelernte Funktionen in den Alltag zu integrieren, schauen wir welche Veränderungen stattgefunden haben. In vielen Fällen ist kein weiteres Training nötig.
Was hat Sehen mit Neuromotorik zu tun?
Bei vielen Kindern, die zum Visualtraining kommen, zeigen sich Auffälligkeiten in der motorischen Entwicklung. Kindern und Eltern ist dies in vielen Fällen gar nicht bewusst. Vielleicht war die Entwicklung sogar besonders schnell und das Kind ist schon mit 8 Monaten gelaufen. Nach außen hin wirkt das großartig. Für die Entwicklung des Kindes, besonders für das Sehen, ist es aber oft ein großer Nachteil.
Die kindliche Entwicklung ist für die Steuerung der Augen entscheidend. Verlief die Entwicklung sehr schnell, besonders langsam oder durch Krankheiten unterbrochen, hat das einen Einfluss auf die Entwicklung der Augen. Denn es sind nicht allein die Augen, die lernen müssen zu sehen. Es ist vor allem das Gehirn, das lernen muss, das mit den Augen Gesehene mit unseren anderen Sinnen abzugleichen, um ihm einen Sinn zu geben.
Fehlen Entwicklungsschritte können die Augen nicht gut gesteuert werden und die Umgebung wirkt durcheinander. Da kann einer noch so scharf sehen und kleine Details erkennen. Wenn die Bilder beider Augen nicht gut zusammenpassen, ergeben sie keinen Sinn, weil das Gehirn mit der Information nichts anfangen und keine Verbindungen herstellen kann.
Daher wird vor einem Visualtraining bei der funktionaloptometrischen Messung betrachtet, wie die kindliche Entwicklung für das Sehen verlaufen ist. Bei Bedarf wird dann im Training auch an dieser Basis gearbeitet, so dass sich das Sehen neu aufbauen kann. Manchmal ist es sogar vorrangig, sich zunächst nur auf das Nachholen der neuromotorischen Entwicklung zu konzentrieren und danach oder zeitversetzt mit dem Visualtraining zu beginnen.
Die Entwicklung des Sehens anhand einiger Beispiele
Ein Baby liegt auf dem Rücken. Es sieht seine Mama, wenn sie nah bei ihm ist. Alles dahinter liegende ist noch unscharf. Was es in die Finger bekommt steckt es in den Mund. Denn der Mund hat sehr viele Nervenzellen, um die Information dieses Gegenstandes aufzunehmen und zu verarbeiten. Die Augen sehen den Gegenstand, zum Beispiel ein Bilderbuch, verstehen diesen aber noch nicht. Was ist das? Wie fühlt sich das an? Was kann man damit machen? Die Hände und der Mund fühlen die Form des Buches (begreifen) die Konsistenz, das Geräusch, der Geschmack wird erfasst. Vielleicht liest auch jemand daraus vor. Das Kind lernt, dass dieser Gegenstand, der zunächst ohne Bedeutung war, jetzt eine bekommt: So sieht er aus, mit Ecken und einen bestimmten Geruch, verbunden mit einem bestimmten Gefühl in Fingern und Mund.
Über einen Ball lernt das Kind mit Hilfe seiner Hände, dass er rund ist, und nicht oval, obwohl er für die Augen vielleicht zunächst oval wirken könnte. Irgendwann genügt es dem Kind den Gegenstand anzusehen um zu wissen, wie sich der Gegenstand anfühlt, wie er schmeckt wie er riecht, wie er klingt, wie er ist.
Der visuelle Sinn ist für ein Baby und Kleinkind zunächst der unwichtigste. Erst wenn es Gegenstände und seine Umgebung begriffen hat, beginnt das Kind sich auf seinen visuellen Sinn (das Sehen) zu verlassen. Der Sehsinn übernimmt bei einer typischen Entwicklung erst im Alter von 7 bis 8 Jahren die Dominanz über alle anderen Sinne.
Liegt das Baby auf dem Rücken, weiß es noch nicht, wo oben und unten, wo rechts und links und wo vorne und hinten ist. Irgendwann hört es vielleicht ein Geräusch oder sieht irgendetwas neben sich liegen. Seine natürliche angeborene Neugier wird geweckt und es möchte den Gegenstand in die Hände und in den Mund nehmen. Es zappelt, es bewegt sich und irgendwann, meist durch Zufall, rollt es auf die Seite. Das gleichseitige Auge nimmt visuell an dieser Bewegung teil. Das andere Auge weniger, da der Blick durch die Nase versperrt ist. Irgendwann landet es vielleicht auch auf dem Bauch, und jetzt sind beide Augen wieder voll im Einsatz und auf den interessanten Gegenstand mehr oder weniger genau ausgerichtet. Es hat gelernt, wo oben, wo die Seite und wo unten ist. Es hat unter vielen anderen Aspekten gelernt, dass anfänglich zufällige Bewegungen ihm helfen, sich zu drehen und welches Auge an dieser Bewegung besonders teilnimmt. Auch das Gleichgewichtsorgan im Ohr hat wichtige Informationen erhalten. Die Welt drumherum ist jetzt ein bisschen stabiler und sicherer geworden. Hoffentlich rollt es irgendwann auch zur anderen Seite. Damit das Gehirn auch über diese Bewegung wichtige Informationen bekommt und lernt auch dieses Auge gezielt zu steuern. Manchmal rollt ein Kind nur zur „Lieblingsseite“ und es besteht die Gefahr, dass die Augen unterschiedlich gesteuert werden.
Diese Beispiele verdeutlichen, wie wichtig die neuromotorische Entwicklung für das Sehen ist. Werden Entwicklungsschritte übersprungen, können wir trotzdem lernen zu sehen, aber nicht in der selben Qualität. Für ein Kind im Schulalltag kann dies eine große Herausforderung werden. Denn es muss seine Energie nicht nur darauf verwenden, den Schulstoff mitzubekommen, sondern auch um seine Umwelt zu sortieren, um zu Sehen und seine Augen zu steuern. Viele Kinder reagieren dann mit Nervosität, weil sie Stress haben, ihre Konzentrationsspanne ist kurz, ihr Schriftbild chaotisch. Vielleicht lesen Sie ungern oder es fällt ihnen schwer, den Sinn des gelesenen zu erfassen. Beim Autofahren wird ihnen vielleicht schlecht, weil das Gehirn mit all den Bewegungen überfordert ist und nicht weiß, wie es die Augen dabei nutzen soll. Vielleicht ist es auch besonders sensibel, weil alle zusätzlichen Sinneseindrücke jetzt zu einer Überforderung führen. Vielleicht reagiert es ängstlich oder zornig. So wie wir Erwachsenen uns fühlen, wenn wir manchmal im Leben überfordert sind!
Was verändert das Visualtraining ?
Im Visualtraining wird dieser zusätzliche Stress nach und nach abgebaut. Ihr Kind bekommt eine stabile Basis, auf die es gut aufbauen kann.
Erste Verbesserungen im schulischen Bereich zeigen sich meistens bereits im Verlauf des Trainings und nachdem es beendet bzw. pausiert wurde.